Wenn ich mich zu erinnern versuche, wann das mit der Musik bei mir begonnen hat, komme ich darauf zurück, daß ich eines Tages angefangen habe, Klavier zu spielen. Vorher sang ich in einem Kinderchor schon fleißig mit. Das war für mich weder weltbewegend noch gehörte es zum guten Ton in unserer Familie. Ich hatte einfach ein bißchen Spaß daran.Ein ähnlicher Instinkt wurde wohl geweckt, als ich einst wie täglich ungefähr sechsmal an den Türen des Musikraumes unserer Schule vorbeiging. Eine Gruppe Schüler spielte Jazzmusik. Spontan reagierte ich darauf mit dem Wunsch, so etwas auch zu tun, und ich schloß mich dieser Gruppe an.Es wird zur vielseitigen Erfahrung, mit Musik spielerisch und frei umgehen zu lernen. So wie manch einer vielleicht seine Bestimmung als Musiker früh erkennt, entdeckt ein anderer seine Vorliebe fürs Komponieren, wiederum andere "gebrauchen" die Musik dazu, mit ihr zu spielen, indem sie die alten Lieder aus Omas Volksliederbuch ausgraben und auch die neuesten Hits ihrer Umgebung nicht vorenthalten wollen.Die Berührungspunkte bieten sich sehr vielfältig an, und es gibt allerlei Möglichkeiten gerade innerhalb der Schule, seine Ideen und Neigungen auszuprobieren: Da ist z. B. ein ganzes Theaterstück mit dem Wagnerschen Prinzip des Leitmotivs musikalisch zu bearbeiten oder einfach eine gute improvisatorische Idee für eine Stummfilmszene zu entwickeln. Die Möglichkeiten der Verflechtung von Sprache und Musik zu erproben, ist für den einen so interessant wie die experimentelle Musik für den anderen.Ob ich nun meine Seele singend in den Chor investiere oder im Orchester an meiner Existenzraspel sitze oder mir zu Hause eines auf meiner Gitarre brate - vielleicht erkenne ich auch irgendwann einmal die Zusammenhänge zwischen der Musik Bachs, Coplands, Stravinskys und der Musik der Hindu -gewiß ist die Vielzahl individueller Persönlichkeiten, die aus ungezählten Möglichkeiten musikalischer Arbeit erwächst.Sascha von Oertzen (Abi 88)