Die 90er Jahre

Die Zeit des Mauerfalls im weltpolitischen Raum wurde auch für unsere Schule ein Neuanfang, weil auch innerschulisch "Mauern" fielen und Herr Reich, der neue Schulleiter, in diesen Werdeprozeß prägend eingriff. Das kam vor allem am Schultag 10. November 1989 denkwürdig zum Ausdruck: Aus der Erregung der Geschehnisse war ein großer Teil der Schüler morgens nicht zur Schule, sondern zum funktionslos werdenden Grenzkontrollpunkt Drewitz gegangen, um die Tausende dort mitzuempfangen, die jubelnd aus der DDR ins freie Berlin strömten.

Die unerlaubt Abwesenden wurden in der Schule "ermittelt", und korrekt trugen viele Lehrer jedem Säumigen einen Tadel ins Klassenbuch ein. Entscheidendes war geschehen: die Schüler hatten zuerst das Einmalige in seiner Bedeutung erkannt: Zeuge eines welthistorischen Ereignisses sein zu können und zu müssen. Der Schulalltag verharrte inzwischen bis zum späteren Vormittag in einer Art Schwebezustand; dann versammelte Herr Reich das Kollegium um sich, um mit Sekt auf die möglich gewordene Wiedervereinigung Deutschlands anzustoßen und die Tadel der Fehlenden streichen zu lassen. - Im Rückblick war das nicht nur ein Verwaltungsakt, denn er dokumentiert das Anerkennen des Neuen: In einer demokratischen Schule machen nicht nur Schüler Fehler, handeln nicht nur Lehrer vorbildlich, in einer demokratischen Schule sind alle aufgerufen, Entscheidungsträger zu sein, wo die Situation es geboten erscheinen läßt.

Diese neue Qualität zeichnet unser Schulleben in den neunziger Jahren aus; die Schule hat nun vier Standbeine: Lehrer, Schüler, Eltern, Ehemalige; sie handeln in Kenntnis und zur Freude des Schulleiters selbständig und unbeauftragt eigenverantwortlich zum Wohle der Schule; ihr kommen diese neuen Kräfte vielfältig zugute, wie die folgenden Beispiele aus den neunziger Jahren illustrieren; sie veranschaulichen Bedeutung Leistungsfähigkeit und Zusammenspiel der Eigeninitiativen, mit denen der demokratische Schulleiter rechnen können muß und zusammenarbeitet.

Diese Ereignisse und Entwicklungen während des letzten Jahrzehnts vor dem Jahrtausendwechsel dokumentieren in unserer "Chronik des Werdens" beispielartig das Hineinfinden in eine Schulwirklichkeit, wie sie im Schulverfassungsgesetz vorgezeichnet ist: In der demokratischen Schule sorgen selbständige Gremien miteinander dafür, daß nicht nur Ziele erreicht werden, wie die Lehrpläne sie vorsehen, sondern Freiräume entdeckt, geschaffen und genutzt werden, in denen die individuelle Persönlichkeit des Heranwachsenden ihre guten Anlagen entwickeln , Aufgaben für sie finden und versuchen kann, sich in diesen gemeinschaftsdienlich zu profilieren.Die demokratische Schule bietet viele Möglichkeiten im Mit- und Füreinander selbständiges Handeln zu erproben und eigenverantwortlich zu entwickeln. Die neunziger Jahre wurden, wie die dargestellten Beispiele veranschaulichen, In unserer Schule zu einem herausragenden Meilenstein auf diesem Weg. Zur erfolgreichen Sacharbeit im Unterricht aller Fachbereiche sind die Leistungen gekommen, die aus freiwilligem Engagement bei Schülern, Lehren und Eltern entstehen, wenn ihre Schule es ihnen ermöglicht, Ideenreichtum und Einsatzbereitschaft in selbst gestellten Aufgaben zum Wohle des Schullebens zu verwirklichen.

 

Auswärtige Beziehungen

Über den seit Anfang der fünfziger Jahre aufgebauten Schüleraustausch mit Partnerschulen in England und später auch in Frankreich wurde bereits berichtet, und sie werden weiter gepflegt. Partnerschulen im Ausland finden, Kontakte knüpfen, nutzen und ergiebig erweitern kann nur aus dem Idealismus und in der Freizeit des engagierten Lehrers auf der Basis persönlicher Bekanntschaft mit gleichgesinntem ausländischen Kollegen erfolgreich gelingen!In den neunziger Jahren kamen auf diese Weise neue Partnerschaften hinzu: Frau Kraft (Englisch, ev. Religion, Ethik) schuf 1991 und betreut seitdem die Verbindung zu einer High-School in den USA (Manchester, Michigan): der Schüleraustausch erfolgt jährlich für drei Wochen in beiden Richtungen. Im Jahr 2000 nimmt auch Herr Reich an dieser Reise teil. Die Schüler wohnen bei ihrer jeweiligen Partnerfamilie und besuchen den Unterricht in der Partnerschule. Zum Programm des USA-Aufenthalts gehören Studienfahrten nach Chicago, Washington, an die Niagarafälle und zu den großen Sanddünen. "Austauschberechtigt" sind immer die Schüler der 11. Klassen; sie bereiten sich gezielt auf den Austausch vor und treffen sich dafür sechs- bis achtmal vor der Reise. Grundlage des Erfolgs ist die intensive Zusammenarbeit zwischen den für dieses Projekt verantwortlichen Lehrern, vor allem während der sechs Wochen ihres jährlichen Zusammenseins.Aus der Gesamtelternvertretung (GEV) wurde angeregt, einen Schüleraustausch auch "nach der anderen Seite" aufzunehmen, und so kam schließlich die folgenreiche Verbindung mit dem 8000 km entfernten russischen fremdsprachlichen Gymnasium 115 in Omsk zustande. Unsere Schüler konnten aber kein Russisch!Herr Reich nahm sich der Sache persönlich an, begann eifrig, die fremde Sprache zu lernen, holte 1996 Frau Wullenbäcker (Russisch: Erdkunde; noch im Studium: Englisch) an unsere Schule und machte sich selber als erster auf den Weg nach Omsk. Von Anfang an bestand an brieflichen Schülerkontakten großes Interesse, und Englisch diente als verbindende Sprache. Dann konnte man in Frau Wullenbäckers Arbeitsgemeinschaft Russisch lernen (vorwiegend Schüler der 9. bis 13. Jahrgangsstufe), und bald wurden auch die Austauschreisen Wirklichkeit.Bis zum Ende der neunziger Jahre kam es schon je dreimal zu Hin- und Herbesuchen. Besonders wirksam entwickelte sich die Partnerschaft, als in der schlimmsten Phase des wirtschaftlichen Niedergangs Rußlands die Lehrer in Omsk monatelang kein Gehalt mehr bekamen und SOS signalisierten. Einfallsreiche Hilfsaktionen der Eltern, Schüler und Lehrer unserer Schule "ersammelten" über 30.000 DM für die 80 Lehrer in Omsk. Ihr Dank war eine Einladung an 25 Interessenten unseres Kollegiums, die Herbstferien 1999 in Omsk zu erleben. Diese Reise führte dann auch zu unserer inzwischen zweiten russischen Partnerschule das Gymnasium 1272 in Moskau, in dem ebenfalls verstärkt Fremdsprachen unterrichtet werden.In Zusammenarbeit mit dem deutsch-französischen Jugendwerk konnten im November 1999 Frau Wullenbäcker und Herr Kreipe in Berlin ein "Europäisches Jugendfest" aller ihrer Partnerschulen verwirklichen. Frau Wullenbäcker ar während ihrer Seminarzeit an der Käthe-Kollwitz-Schule im Bezirk Prenzlauer Berg und kannte deren Partnerschule in Dänemark. So kam es zu einem ein- bis zweiwöchigen dänisch-russisch-französisch-deutschen Lehrer- und Schülertreffen. Jede der beteiligten Schulen war an diesem Zusammensein mit einem Lehrer und vier Schülern beteiligt.Während der neunziger Jahre entwickelte sich an unserer Schule die einst von Herrn Fahrenkrug ins Leben gerufene Arbeitsgemeinschaft "Spanisch" zum normalen Unterrichtsfach ab Klasse 9 (als dritte Fremdsprache, alternativ Latein) und bald darauf sogar zum Leistungsfach der Oberstufe; im Sommer 2000 ging der erste Leistungskurs Spanisch ins Abitur. Die Suche nach Partnerschaft mit einer geeigneten spanischen Schule ist noch in der Entwicklungsphase, es gibt einen "Brückenkopf" in Barcelona; Frau Mittelstädt, Frau Hornborstel und Frau Meyer zu Heringdorf arbeiten an diesem Projekt, und Kursfahrten der Leistungskurse nach Spanien dienen auch der Partnersuche.

 

Schülercafé

Als im Frühjahr 1985 die Empfehlungen des sogenannten Klima-Ausschusses (Lehrer, Eltern, Schüler) Wege wiesen, um das innerschulische Leben aus seiner atmosphärischen Krise zu befreien, legte Ute Gintrowski (Abi 1987) in einem Klassenaufsatz überzeugend dar, wie ein im Schulgebäude von Schülern eingerichtetes und betriebenes Schülereafe nicht nur als ein entspannender Ort der Begegnung aller am Schulleben Beteiligten fungieren könne, sondern zugleich ermögliche, daß die dort verantwortlich tätigen Schüler vielerlei für das praktische Leben lernenkönnten (Vertragsabschlüsse mit Lieferfirmen, Kalkulation, gewinnorientiertes Wirtschaften, vielerlei verantwortliche Alltagsarbeiten für die Gemeinschaft u.a.m.).Utes Klasse verwendete die Osterferien, um einen alten Kellerraum "auszumisten"; zu streichen und mit Möbelspenden attraktiv einzurichten. Das Bezirksamt half durch alle erforderlichen Installationsarbeiten. Wie im vorigen Beispiel, so zeigte sich auch hier, daß die engagierte persönliche Bereitschaft der Schüler aus der Gründergeneration unersetzbar war.Als dieser Jahrgang nach seinem Abitur die Schule verließ, blieb die gute Idee allein zurück. Erst nach einiger Zeit erweckten Holger Haenecke, Henrik Brumm, Clemens Elbing, Florian Knies, Michael Lang (alle Abi 1993) diese Idee in veränderter Form wieder. Ihre "Oldie Bar" wurde zum glanzvollen Begriff des seinerzeitigen Schullebens.Aber nach ihrem Abitur wiederholte sich das bekannte Problem und konnte auch in weiteren Neuansätzen nicht bewältigt werden. Schließlich nahm sich die GEV unter Leitung von Frau Mahling-Hanslmeier Ende der neunziger Jahre intensiv dieses Problems an, um es dauerhafter zu lösen. Zu dieser Zeit bewirtschaftete wieder ein Schülertrio (Arndt Focke, Vincent Mattstedt, Sebastian Raeder - alle Abi 2001) besonders verdienstvoll das Schülercafé, und wie alle ihre Vorgänger überwiesen sie regelmäßig die erarbeiteten Überschüsse an den Freundeskreis. GEV, Schulleiter und Schüler wollten endlich das Schülercafé de facto und symbolisch aus dem Keller heben und als von Eltern und Schülern betriebene Cafeteria ebenerdig im Schulgebäude gleich an der Zufahrt Wasgenstraße (in den früheren Räumen der Vorschule) einrichten.Viele und langwierige Verhandlungen mit Finanz-, Schul- und Bauamt und vor allem monatelanges Mithandanlegen in der Freizeit waren erforderlich, bevor sozusagen sich nach 15 Jahren der Traum von einst verwirklichen ließ.Noch vor Beginn der Sommerferien 2000 konnte das Schmuckstück seiner Bestimmung übergeben werden und lädt nun in Freistunden und Pausen fast professionell zum Verweilen, Erholen und Gespräch ein.

 

Die Exen im Freundeskreis

Das vierte Standbein einer Schule - die Ehemaligen - hat für sie eine leider oft nicht gesehene Bedeutung. Ihr Verbundensein mit der alten Schule, soweit es geblieben ist, speist sich teils aus etwas nostalgischen Jugenderinnerungen, teils aber auch aus einer Art empfundener Dankbarkeit für jenen Anteil der Persönlichkeitsprägung, der einst dem jungen Menschen in seinen Schuljahren zuteil geworden ist. Dieser Faktor bestimmte das Treffen Ehemaliger unserer Schule am 7. November 1991, das die Bezeichnung Exen für alle jene erfand, die dieses Gefühl dankbarer Verbundenheit ihrer ehemaligen Schule durch aktives, Tun hilfreich zum Ausdruck bringen möchten. Herr Christian Zech (Abitur 1973) wurde zum Vorsitzenden der Exen gewählt; mögliche sinnvolle Aufgaben wurden ebenso erörtert wie das Problem, ob die Schule überhaupt ein derartiges Einmischen "in ihre inneren Angelegenheiten" dulden werde. Herr Reich folgte gern der Einladung zu einer der nächsten Zusammenkünfte und brachte "erfreulich offene Türen" mit.Es sollte keine Konkurrenzsituation zum traditionsreichen, aber seit den siebziger Jahren verkümmerten Freundeskreis der Schule entstehen und deshalb beider Aufgabenbereiche deutlich unterscheidbar sein und bleiben. Der Freundeskreis, seinerzeitiger Vorsitzender Herr Dr. Moritz, war für finanzielle Unterstützungen der Schule zuständig, hatte aber seit längerer Zeit kaum noch ein Dutzend Mitglieder; die Exen sehen ihre Aufgabe in tätiger Unterstützung. Ihrer bedurfte am dringendsten der Freundeskreis, und so traten alle Exen ihm bei, behielten ihre Aufgabenstellung bei und wissen sich auch der des Freundeskreises verpflichtet. Die Aufgabenteilung blieb weiter erhalten, als später Herr Zech zum Nachfolger von Herrn Dr. Moritz zum Vorsitzenden des Freundeskreises gewählt wurde.Es galt nun, Elternschaft und Kollegium zum Mitmachen zu gewinnen, und binnen kurzer Zeit hatte die Überzeugungsarbeit Erfolg, erweiterte den Freundeskreis auf das Zehnfache und machte ihn wieder leistungsfähig. Er konnte inzwischen viele Wünsche der Fachbereiche nach verbesserter instrumentaler Ausstattung erfüllen und wieder Kollegen dafür gewinnen, dem Beispiel des Schulleiters zu folgen und Mitglied im Freundeskreis zu werden.

 

Ein Projekt für die Schnelläufer-Klasse

Anfang der neunziger Jahre wurde im Sinne der Begabtenförderung an drei Berliner Gymnasien der Westbezirke ein Schulversuch gestartet. in Ihm begann die Gymnasialzeit schon nach vier Grundschuljahren. Der ersten Fremdsprache folgte schon ein Jahr später (Klasse 6) die zweite; die 8. Klasse wurde übersprungen und der Lehrstoff der Klassenstufen 5 - 10 statt auf sechs nun auf fünf Jahre verteilt. "Schnelläufer" kommen also ein Jahr eher zu ihrem Abitur als andere Schüler.Unsere Schule zählte zu den drei ausgewählten; in jede durften pro Jahrgang bis zu 32 Schüler aufgenommen werden, also in ganz Berlin jährlich 96 Kinder. Vieles war und blieb sehr problematisch : das Auswahlverfahren, die Beschränkung auf Schulen in Spandau, Wilmersdorf und Zehlendorf, die für Zehnjährige mitunter sehr langen Schulwege (Extrem: Schule in Nikolassee, Wohnung in Pankow) u.a.m. . 1993 begann die erste 5. Klasse diese Laufbahn (Abitur also 2001). Die Kleinen hatten es unter den Mitschülern anfangs wegen ihrer Kindlichkeit und ihres Status sehr schwer; sie lernten sich durchzubeißen.Als dieser Erstjahrgang die 8. Klassenstufe übersprungen hatte, wartete in der 9. Klasse Herr Kreipe auf sie mit einem völlig neuen Projekt, das in der Regie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung liegt. Es soll den Jugendlichen Anreize für eigenes und gemeinsames Erforschen bieten und persönliche politische Bildung ermöglichen. Zeitung und betreuender Lehrer arbeiten während des gesamten Schuljahres zusammen (seit 1997 unter Einbeziehung einer Partner-klasse in Dessau. Alle Schüler einer solchen Klasse sind während des Projektjahres kostenfreie Abonnenten der FAZ, von der auch das Jahresthema gestellt wird. Für unsere Erstschnelläuferklasse hieß es "Jugend und Umwelt".Die Schüler untersuchen also in Arbeitsgruppen Probleme der Umweltbelastung, berichten regelmäßig über ihr Vorgehen und die Er9ebnisse ihrer Untersuchungen, der Lehrer betreut diese Berichte und schickt sie an die FAZ; dort werden sie auf einer entsprechenden Projektseite veröffentlicht. - Das Projekt fand bei den Schülern großen Anklang und wurde auch von den Folgeklassen als lohnende Bereicherung des Schuljahres aufgenommen. Mit dem Umzug der Bundesregierung nach Berlin fiel die Beschränkung der "Schnelläufer" auf 96 pro Jahr. Der Schulversuch ist offensichtlich erfolgreich, auch unsere Schule hat inzwischen zwei Schnelläufer-Klassen pro Jahrgang.

 

"Die Welle" und andere von Ehemaligen unterstützte SchüleraktivitätenFür das Darstellende Spiel beginnt der Unterricht am Anfang der 11. Klasse.Im Frühjahr 1992 war die 8c wegen der noch so langen Wartezeit, die vor ihr lag, besonders ungeduldig, hatte von Gründung und Absichten der Exen erfahren, so daß die Anfrage nicht auf sich warten ließ, ob im Darstellenden Spiel erfahrene Ehemalige bereit wären, für diese Klasse eine entsprechende Arbeitsgemeinschaft verantwortlich zu übernehmen. Herr Reich war mit einem solchen Experiment einverstanden, es sollte aber allen Schülern der 9. und 10. Klassen im bald beginnenden neuen Schuljahr offenstehen.Seitens der Ehemaligen hatten Arne Kaufmann, Matthias Boehm, Hans-Ulrich Borchert - "Hanni" - (alle Abiturjahrgang 1987) sowie Stefanie Groenke und Nadja Grollmitz (beide Abi 1990) Interesse; Arne Kaufmann koordinierte und leitete die einjährige Arbeit dieses Quintetts. Aus der Schülerschaft der 9. und 10. Klassen beteiligten sich dauerhaft 26 Mädchen und 6 Jungen. Gemeinsam konnte relativ schnell die Aufgabe gefunden werden: Einstudieren und Aufführen des von Schülerseite vorgeschlagenen Problemstücks "Die Welle"; dazu war eine gründliche Auseinandersetzung mit der Problematik des Stoffes erforderlich.Alle Beteiligten faszinierte die Tatsache, daß es sich nicht um einen fiktiven Stoff handelte, sondern um die Erlebnisse, die den Lehrer Ran Jones in den USA schockierten, als er seiner Idee gefolgt war, im Unterricht seinen Schülern USA schockierten, als er seiner Idee gefolgt war, im Unterricht seinen Schülern nicht nur Buchwissen über die Ereignisse im deutschen NS-Staat zu vermitteln. Er ging von der Frage aus, warum die nichtnationalsozialistische Mehrheit der Deutschen den Holocaust nicht verhindert habe, und experimentierte an seinen Schülern, behandelte sie nach NS-Erziehungsmethoden und konnte nicht fassen, wie schnell die Gesinnung seiner Schüler sich so färbte wie einst die der Deutschen oder wie sie lernten wegzusehen, wo ihr moralisches Gewissen hätte rebellieren müssen. - Hinzu kam, daß 1992 in Deutschland erneut Fremdenfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft erschreckend zunahmen, so daß der Problemstoff zugleich historische und aktuelle Hintergründe öffnete.Vom 10. bis zum 17. Juni 1993 konnte in zwei Besetzungen "Die Welle" als Eigenproduktion von Ehemaligen und Schülern ebenso erfolgreich wie eindrucksvoll viermal aufgeführt werden.Ein großer Teil der Mitwirkenden hatte unter Hannis Leitung das Bühnenbild entworfen und gefertigt. Daraus entwickelte sich während der neunziger Jahre eine für unsere Schule äußerst erfolgreiche Arbeitsgemeinschaft für "Bühnen (Beleuchtung., Ton-, Aufnahme-) -technik", mit der Hans-Ulrich Borchert bei allen Aufführungen des Chors, Orchesters oder Darstellenden Spiels sachkundig assistierte und nachwies, welche technischen Verbesserungen unbedingt nötig seien; er überzeugte auch immer wieder den Freundeskreis von der Notwendigkeit weiterer finanzieller Hilfen, damit der Aufführungsort ebenso leistungsfähig würde, wie die künstlerischen Disziplinen der Schule es seien. Am Ende der neunziger Jahre wissen wir alle, wie wichtig in diesem Jahrzehnt "Hannis" mahnendes Helfen und sein helfendes Mahnen waren.Beliebt und erfolgreich blieb auch die andere von einem Ehemaligen geleitete Arbeitsgemeinschaft, die Schach-AG, die Sven Schüle (Abi 1982) 1983 ins Leben gerufen hatte, sie zur Berliner Meisterschaft führte und anderthalb Jahrzehnte lang leitete; danach übernahm sie Philipp Groth (Abiturjahrgang 1998).Dokumentarischen Wert behalten die mit Paßfoto und Geburtsdatum jedes Schülers bzw. Lehrers sowie nach Vornamen bzw. Familiennamen geordnetem Register ausgestatteten "Schul-Bücher", die ausdauernder Initiative und großer Arbeitsbereitschaft eines Schülerteams bedürfen und viel Zeit des Vorbereitens und des Fertigens kosten. In den neunziger Jahren erschienen 1993: "Siemens und sein Reich"; 1995: Logbuch der WVS Enterprise"; 1997: "Werner-von-Siemens-OG - im Jahreskreis der Sternbilder".Impulse kommen auch von außerhalb. Aus unserer Elternschaft verdanken wir Frau Teubner und Herrn Buchner 1993/94 Hinweise auf russische Jugendchöre, die auf Tourneereisen nach Deutschland Publikum suchen. Mehrmals hatten wir dadurch einen Chor aus St. Petersburg und einen Moskauer Mädchenchor zu Gast, und sie erfreuten und beeindruckten uns mit ihren Darbietungen in unserer Aula; wir erhielten von ihnen auch Gegeneinladungen, die sich aber wegen verschiedener Schwierigkeiten unsererseits nicht realisieren ließen; die russischen Jugendlichen hatten beispielsweise in ihrem Bus drei An- und drei Rückreisetage zu überstehen - für unsere Schüler unzumutbar und wegen der laufenden schulischen Verpflichtungen unmöglich. Anders ist es mit der Einladung, die unser Chor im Frühherbst 2000 während seiner Arbeitsreise beim Aufenthalt in der Jugendherberge Hitzacker erhielt. Er fiel einer anderen Gästegruppe in der JH so auf, daß er noch dort nach Hamburg eingeladen wurde und Quartier bei den Familien der Hamburger Schüler nehmen soll.

 

Arbeitsreisen für Bühnenprojekte

Die Gunst der Umstände bescherte unserer Schule Ende der neunziger Jahre das "Hinterland" der Bühne, bis dahin Musikraum der Tewsschule, und eine Reihe weiterer Klassenräume im Erd- und Kellergeschoß der Grundschule. Nun ist es möglich Requisiten und Bühnenbild bleibend so zu stellen, wie sie für die Probenarbeit und bei den Aufführungen gebraucht werden, es entfällt das sonst unvermeidbare tägliche Abräumen und Wiederaufbauen!Schnelle Wechsel in der Fächervielfalt und die Begrenztheit der Schul- oder Schuldoppelstunde verhindern im Schüleralltag gründliches Erfassen der Musik- oder Schauspielliteratur bei der Ensemble-Arbeit. Herr Kobin fand den Ausweg und schließlich auch schulinternes Verständnis für regelmäßige Chorreisen; sie führten in immer wieder anderen Gebieten Deutschlands in Quartiere (Jugendherbergen), die Übungsraum und Flügel boten und den Ensemble-Kontakt mehrere Tage hindurch entwickeln halfen.Derartige Vorhaben setzen die Bereitschaft aller Beteiligten voraus, viel Freizeit zu investieren und private Interessen zurückzustellen. Die Ergebnisse solcher Reisen, die ein verlängertes Wochenende in Anspruch nehmen und im Programm möglichst auch einen Beitrag beim örtlichen Gottesdienst vorsehen, überzeugten bald alle Skeptiker. Frau Meister war von ihren Fächern her (Englisch, Erdkunde) keineswegs "genötigt", Herrn Kobin bei seiner Chorreise als Betreuerin der Mädchen zu begleiten, und doch wurde sie in dieser Funktion für die weiteren Reisen sozusagen Ensemblemitglied.Erst im Sich-Engagieren erwachsen Erfolg und Freude an der gemeinsamen Sache. So bekamen die Chorreisen während der neunziger Jahre schnell erfolgreiche Nachahmer. Inzwischen reist nicht nur der große Chor (die Großen); auch der kleine Chor (die "Kleinen"); das Orchester und das Darstellende Spiel nutzen Arbeitsreisen, um intensiv proben, den Teamgeist pflegen, das Zusammenspiel bestmöglich fördern und den Anspruch empfinden zu können, den man in künstlerischer Arbeit an sich selbst richten muß. In den neunziger Jahren wurde qualitativ und quantitativ "für die Aula" viel geleistet!

 

 

"Abitur - was dann?"

Aus der Sicht des Jugendlichen vollzieht sich seine Ausbildung auf festgelegten Bahnen, nach durchdachten Richtlinien, mit zielorientierten Übergängen an den Endstationen eines Streckenabschnitts. Während seiner Schullaufbahn gewöhnt er sich daran, daß alles geregelt ist und die Schule seinen Werdegang in Kenntnis seiner Begabungen und Neigungen beratend "steuert" : sie kümmert sieh um ihn vom ersten Schultage an. Doch mit dem letzten Schultag und dem "Entlassungszeugnis" ist diese mitanerzogene Fürsorge schlagartig vorbei. Allein auf sich gestellt und in Unkenntnis dessen, welcher Ausbildungs- oder Studienweg für seine Gaben und Neigungen weshalb der geeignete wäre, muß er entscheiden und wird manchmal erst nach einigen (verlorenen) Jahren wissen weshalb er sich auf einem für ihn ungeeigneten Weg befindet..Die ständige Zentrale der Exen - in den neunziger Jahren: Gabriele Albrecht-Glauche (Abiturjahrgang 1973), Christine Aschenbrenner (1992); Sabine Glatz (1985); Martin Glauche (1973), Holger Haenecke (1993), Gabriele Rook (1967), Astrid Siems (1960) und Christian Zech (1976) sowie als Verbindungslehrer zur Schülerschaft Dieter Lucke (D,G,DS) und Ralf Häberer (Ch,lnf ,Ph) - sah eine lohnende Aufgabe darin, diesen Zustand zu ändern und für die Schule eine Möglichkeit zu finden, ihre Abiturienten hinsichtlich des empfehlenswerten weiteren Bildungsweges nicht unversorgt ziehen lassen zu müssen.Zwar erhalten alle Schüler durch Berufsberater und lnformationszentren in Marktlage und Ausbildungscharakteristika Einblick, aber kein Berufsberater verfügt über eigene spezifische Erfahrungen auf den Wegen in den vom Schüler erwogenen künftigen Beruf oder die jeweils charakteristischen Berufserfahrungen, aus denen geschlossen werden könnte, ob Gabe und Neigungen des Schülers dementsprechend geeignet sind.Dieses gefragte Potential ist aber bei den Tausenden Ehemaliger vorhanden, die jede Schule hat, wenn sie den Kontakt zu ihnen nicht abreißen laßt. Unter dem Slogan "Abi - was dann?" boten die Exen ihre Dienste erstmals 1993 der Jahrgangsstufe 13 unserer Schule an. 20 Schüler nutzten das Angebot, sieben Jahre später waren es zehnmal soviel.Folgendes Verfahren hat sich entwickelt und bewährt : Das Angebot ergeht jeweils nach dem schriftlichen Abitur an die Jahrgangsstufen 12 und 13. Jeder Schüler nennt auf einem Fragebogen die Berufe, mit denen er "liebäugelt": Die Exen sind bemüht, Ehemalige als "Paten" zu finden, die aus ihrer aktuellen Ausbildungs- bzw. Studienerfahrung oder aus ihrer Berufskenntnis beraten können. Da Schüler und Paten jahrelang auf gleicher Schulbank gesessen und teilweise dieselben Lehrer gehabt haben, kommen Kontakte schnell zustande. Es ist nicht nur an einmalige Beratung gedacht, die Verbindung soll auch während der Ausbildung genutzt werden. - Für Berufswünsche, die mehr als fünf Schüler gleichlautend äußern, wird ein Begegnungsabend in der Schule organisiert, bei dem in jedem Klassenraum ein anderes Berufsgebiet diskutiert wird. Der Abend ist in zwei anderthalbstündige Halbzeiten geteilt, so daß man sich über zwei Alternativen intensiver informieren kann. Nach Möglichkeit werden 3-4 Ehemalige dabei ein Berufsfeld abzudecken versuchen (also z.B. Jura Student, Richter, Rechtsanwalt, Wirtschaftsjurist). Berufswünsche, die weniger oft geäußert worden sind, werden durch vermittelte Telefonkontakte "ins Gespräch gebracht", die als Beginn persönlichen Kennenlernens genutzt werden können. Außerdem hat sich sehr bewährt, dort, wo es möglich ist, Schnupperpraktika anzubieten, die Interessenten schon während ihrer Osteroder Herbstferien ihrer Schulzeit als Entscheidungshilfe nutzen können. Bei ca. 200 Schülern ergeben sich 70- bis 80 verschiedene Berufswünsche; zur Zeit können unter den Ehemaligen Paten für 90% der Wünsche gefunden werden. - Inzwischen bieten Abiturienten zunehmend ihre künftige Mitarbeit als Paten an.Die Entlassungsfeier für unsere Abiturienten wurde während der neunziger Jahre immer drängender zum Problem, denn Größe des Jahrgangs und Enge der Aula ließen nicht mehr zu, das gesamte Kollegium und die Eltern mit den Geschwistern der Abiturienten einzuladen. 1999 war die sinnvolle Lösung gefunden, denn die Freie Universität erklärte sich bereit, ihr Auditorium Maximum für diesen Festakt zur Verfügung zu stellen. So kommt auch sinnbildlich der Übergang des Abiturienten von seiner Schul- zur Studienzeit gut zum Ausdruck.

 

 

Produktiver Streik der Schüler für ihre LehrerNach dem Fall der Mauer ging in der ehemaligen DDR die Geburtenrate dramatisch zurück: Bei Beginn des Schuljahres 1996/97 "fehlte" Im Ostteil Berlins ein Drittel der ABC-Schützen, die für das beamtete Grundschullehrerpotential erforderlich gewesen wären. Aus der "Not" einen pädagogischen Fortschritt zu machen und entsprechend kleine Anfängerklassen einzurichten, kam als Problemlösung offenbar nicht in Frage.Das auch in Folgejahren praktizierte Prinzip der Ost-West-Lehrerumsetzung (aus dem Grund Schulüberschuß in den Oberschulbedarf) blieb der Weisheit letzter Schluß. Junge Lehrer, die ihr zweites Staatsexamen abgeschlossen hatten und nur im Angestelltenverhältnis tätig waren, ließen sich - unbeachtet ihrer Qualifikation - am leichtesten auf die Straße setzen. Dieses Schicksal drohte allen Junglehrern. Es ist leicht nachzuvollziehen, daß sie wegen ihrer unsicheren Rechtsstellung und ihrer Idealvorstellungen vom begonnenen Beruf besonders engagiert unterrichteten und deshalb bei den Schülern sehr beliebt waren.Wir hatten 14 dieser Kollegen an unserer Schule. Als ihre Gefährdung bekannt wurde, ergriffen Schüler der 12. Jahrgangsstufe und der 10c die Initiative, versäumten ihre Unterrichtspflichten, gingen in kleinen Gruppen gezielt von Klasse zu Klasse und "machten mobil": Sie aktivierten die GEV und trafen sich mit ihr am folgenden Wochenende zu einem äußerst erfolgreichen Strategieseminar.Es endete mit einem sorgfältig durchdachten Aktionsplan und den Zusagen der erforderlichen finanziellen Unterstützung seitens der Eltern und des Freundeskreises. Die Schüler wählten Tilman Siegler (J12) zum Sprecher und Leiter der geplanten Aktionen. Er verkündete am Montag morgen er vor er Schule versammelten Schüler- und Lehrerschaft die Beschlüsse des Wochenendes, begründete den Schülern deren Anwesenheitspflicht in der Schule während der Zeit des Unterrichtsausfalls und forderte sie auf, sich tatkräftig an allem zu beteiligen, was täglich zu tun sei; 2-3 Schüler aus der Oberstufe und der 10c würden in jedem Klassenraum bei der Durchführung der Aufgaben beraten, Lehrer seien dort als Gäste gern gesehen. Die Schülerschaft dürfe nicht zulassen, daß ihr so viele gute Lehrer genommen würden. Es sei ein Sternmarsch aller Schüler und Eltern Zehlendorfs zum Rathaus geplant und bei der Polizei angemeldet. Alle Berliner Fernseh- und Rundfunkstationen sowie alle Parlamentsfraktionen auf Bezirks- und Landesebene seien per Fax problembewußt gemacht worden.Die allgemeine Kenntnisnahme kam zunächst durch anerkennendes Staunen zum Ausdruck, es war oder wurde einer der bedeutsamsten Tage unserer Schulgeschichte Jeweils 2-3 Schüler der Aktionsgruppe besuchten die anderen Zehlendorfer Gymnasien, informierten deren Schulleiter und baten um Unterstützung. In den Klassenräumen unserer Schule wurde das Anfertigen wirkungsvoller Transparente diskutiert, sie sollten Wesentliches aussagen, Polemik war strikt untersagt, alle Vorschläge mußten deshalb eine "Zensur" passieren. Die Aktion konnte nur durch die Kraft der Argumente Erfolg haben und mußte bedacht sein, unangreifbar zu bleiben.Eltern spendeten viele Ballen schwarzen Stoffs und alle erforderlichen Arbeitsmittel. Bald war das Schulgebäude mit über 50 Transparenten eingekleidet und der Eingangsbereich schwarz verhangen. Entscheidend war die Kooperation mit dem SFB : Tilman Siegler hatte im Radiofrühprogramm täglich eine knappe Viertelstunde, um der Öffentlichkeit über den aktuellen Stand der Siemens-Schüler-Aktionen zu berichten, das B1-Fernsehen übertrug im Abendprogramm eine Großveranstaltung auf dem Schulgelände, bei der das Landesschulamt überraschend einlenkte und mit Lob gegenüber "dieser Schüler-Projektwoche" nicht sparte.Am letzten Schultag wurde Herr Reich 5 Minuten vor Beginn der Sommerferien vom Landesschulamt telefonisch aufgefordert, den 14 jungen Kollegen sofort ihre Entlassung mitzuteilen. Er rief Kollegium sowie Tilman mit dessen Stellvertreterin ins Lehrerzimmer und erfüllte schmerzlich bewegt seine Pflicht. Tilman sagte, sie hätten befürchtet, daß so gehandelt würde, aber die Senatsverwaltung irre sich, wenn sie davon ausgehe, daß die Schüler nun in die Ferien fahren würden; sie wollten ihre Aktionen in anderer Weise mit Hilfe des SFB fortsetzen. Er werde schon in einigen Tagen beim SFB mit der Schulsenatorin zu einem Gespräch zusammenkommen. - Zwei Tage vor dem Ende der Sommerferien erhielt Herr Reich die Nachricht, daß die entlassenen Junglehrer mit sofortiger Wirkung ihren Dienst an unserer Schule wieder aufnehmen können. Und diese Entscheidung erwies sich als endgültig! An allen anderen Schulen blieb es bei den Entlassungen.

 

Auslandsjahr

Die folgenreiche Eigenschaft des 11. Schuljahres, sich dem Heranwachsenden vor Beginn seiner beiden Abiturjahre als Auslandszeit anzubieten hat sich in der Schullaufbahn verfestigt und stellt den jungen Menschen nach Beendigung seiner Schulpflicht vor eine herausfordernde Entscheidung, die Selbständigkeit und Verantwortungsbewußtsein voraussetzt; die deutliches Profilieren der Persönlichkeitsentwicklung verspricht.Diese Chance wurde auch in den neunziger Jahren zahlreich genutzt, aber nicht mehr vor allem für Jahresaufenthalte in den USA, sondern nun auch verstärkt in England, Frankreich oder bei Spanisch sprechenden Gastfamilien. Oft wird die Aufenthaltsdauer auf das erste Schulhalbjahr beschränkt, um während des zweiten in der Heimatschule entstandene Wissenslücken verläßlich schließen zu können. Die Erfolge solchen Auslandslebens fern der eigenen Familie sind nach wie vor eindrucksvoll am Persönlichkeitsprofil zu erkennen. Deutlich wirkten sie sich zum Beispiel in der zielstrebigen Besonnenheit aus, mit der die "Streikleitung" der Schüler im Frühsommer 1996 zu Werke ging.

 

Die Weihnachtskantate, Kammerchor Nikolassee

1997 jährte sich zum 25. Male das Datum der Uraufführung der seinerzeit für das Werner-von-Siemens-Gymnasium von unserer Musiklehrerin Gisela Behm geschriebenen und von Klaus Wüsthoff komponierten, vom Rias Berlin aufgenommenen und seitdem von Rundfunkanstalten der ARD oft gesendeten "Weihnachtskantate für junge Leute". Die Exen dachten an eine Wiederaufführung mit Ehemaligen aus den Besetzungen der siebziger Jahre. Umfragen fanden ein vielversprechendes Echo. In der Planungsphase entwickelte sich der Grundgedanke optimal, und Herr Kobin übernahm die Aufgabe, die Chor-, Orchester- und Solopartien des Werks mit aktuellen sowie "erinnerungsgeschulten" ehemaligen Schülern neu einzustudieren.

Die Aufführung der Kantate zeigt dem Publikum Chor- und Solosänger in dreigeteiltem Gruppenbild: in der Mitte Chronist, Maria und Joseph, Verkündigungsengel und Chor der Engel; rechts die Hirten und die drei Weisen aus dem Morgenland im Chor der Gläubigen; links der die weltliche Macht verkörpernde Herodes und die gewinnorientierten Wirte im Chor der Zweifler. So spricht diese Kantate alle und jede Generation an. Sie führt unsere Tradition des Weihnachtssingens mittels zeitgemäßer musikalischer Stilelemente zu einer neuen Form. Die Aufführung überzeugte in den letzten Adventstagen 1999 durch klare Textverständlichkeit und rhythmische Präzision. Sie mußte zweimal wiederholt werden.

Von den Aufführenden der siebziger Jahre bildeten dreißig Ehemalige den Chor der Gläubigen. Es war für sie ein zusätzliches Erlebnis, nun bei gemeinsamer Probenarbeit im Verhalten der um ein Vierteljahrhundert jüngeren Chorschüler sich in einst gleicher Art am selben Ort wiederzubegegnen.

Seit 1996 bietet hin und wieder unter Mitwirkung des Kammerchors Nikolassee ein kultureller Exen-Abend zugunsten des Freundeskreis-Kontos Literatur und lnstrumentalmusik. Das unter einem Leitthema stehende Programm wird großenteils von Ehemaligen vorgetragen. - Der Kammerchor Nikolassee ging 1993 aus einer Initiative ehemaliger Schüler hervor, die auf diese Weise die Chorgemeinschaft fortsetzen wollten, wie sie Herr Kobin während ihrer Schulzeit geformt hatte. Bald kamen auch andere Mitglieder und aus unserer Schule weitere Abiturienten hinzu. Chorleiter ist unser Ehemaliger Vincent Andreas (Abitur 1991, Kompositionsdiplom der HdK 1996). Er studiert mit seinem Chor jährlich zwei Programme ein, im Winterhalbjahr geistliche, im Sommerhalbjahr weltliche Chorliteratur. Der Chor hat sich inzwischen über Berlin hinaus einen Namen gemacht.